Auszeichnung 2006

Denkmal für die ermordeten Juden Europas

Cora-Berliner-Straße 1 | 10117 Berlin

Architekten: Eisenman Architects | New York
Bauherr: Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas

Ähnlich kontrovers wie während der langen Vordebatte des Denkmals für die ermordeten Juden Europas wurde in der Jury Peter Eisenmans letztendliche architektonische Leistung diskutiert. Von der Frage, ob es sich hier nicht eher um ein Werk der Skulptur als der Architektur handelt, bis hin zur Frage nach seiner Kraft, etwas so Ungeheuerliches wie den Holocaust vermitteln zu können, reichten die Konfliktpunkte der Diskussion unter den Juroren.
   Gesamter Jurybericht 

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Denkmal für die ermordeten Juden Europas

Ähnlich kontrovers wie während der langen Vordebatte des Denkmals für die ermordeten Juden Europas wurde in der Jury Peter Eisenmans letztendliche architektonische Leistung diskutiert. Von der Frage, ob es sich hier nicht eher um ein Werk der Skulptur als der Architektur handelt, bis hin zur Frage nach seiner Kraft, etwas so Ungeheuerliches wie den Holocaust vermitteln zu können, reichten die Konfliktpunkte der Diskussion unter den Juroren.

2711 dunkle Betonstelen unterschiedlicher Höhe hat Peter Eisenman nahe des Brandenburger Tores auf einem großen Feld positioniert. In strengen Reihen stehen sie auf ihrem wellenförmigen Untergrund und verweigern sich jeder konkreten Bildlichkeit. Ergänzt wird sein Stelenfeld um ein unterirdisches Dokumentationszentrum, den Ort der Information, vier 12 x 12 Meter großen Räumen, in denen Besucher etwas über den historischen Hintergrund erfahren.

Eisenmans Stelenfeld entzieht sich jeder Deutung. Er selbst nennt es „a cross of De Chirico, Kafka and death“ oder ein „placeless place“, ein körperlich-räumliches Manifest gegen die Blut- und Boden-Ideologie der Nationalsozialisten. Letztlich gäbe es „keine Erinnerung an die Vergangenheit, sondern nur die lebendige Erinnerung der individuellen Erfahrung.“ Dazu lädt nun seine große Plastik ein, zum individuellen Betreten und Erkunden. Je nach Wetter- und Lichtverhältnissen vermittelt die sorgfältig ausgesuchte Materialität seiner kantigen Betonstelen einen anderen Eindruck. Als großer Friedhof, als steinernes Feld oder wogendes Meer inmitten der Großstadt kann dann sein Monument erfahren werden.

Doch ein Unbehagen über dieses Memorials bleibt. Allzu dimensionslos und artifiziell erschien es einigen Juroren, das räumlich eher enttäuscht, da sich zwischen den Stelen weder die ursprünglich intendierte Erfahrung der Vereinzelung, noch ihre Funktion als Vermittler des Ungeheuerlichen einstellt.

Doch der Anlass seiner Erbauung wie auch die erneut in der Jury leidenschaftlich geführten Debatten lassen es als einen wertvollen Baustein der zeitgenössischen Kultur Berlins wie ganz Deutschlands erscheinen, die geradezu nach weiteren Auseinandersetzungen verlangen.

Eisenman Architects | Denkmal für die ermordeten Juden Europas | Bild 01
Eisenman Architects | Denkmal für die ermordeten Juden Europas | Bild 02
Eisenman Architects | Denkmal für die ermordeten Juden Europas | Bild 03